Erasmus-Grasser-Gymnasium,
München Gensbaur
Leistungskurs
Kunst 2004/06
Peter Speeth,
Frauenzuchthaus Würzburg, 1811-14
Der Architekt
Peter Speeth, geb. 1772 in Mannheim, gest. 1831 in Odessa.
Baudirektor in Würzburg 1807-15, danach vom russ. Zaren nach Odessa
berufen. Hauptwerke: Frauenzuchthaus,
Zollhaus Würzburg, Pfarrkirche Unterhohenried Ufr.
Der Bau:
Betonte kubisch-wuchtige Fassadengestaltung.
Betonung des
Abweisenden, schweren Charakters der Gliederung
zur Verstärkung der einschüchterndem Wirkung der Architektur. Symbolik: 10 Säulen = Gebote, Lichtloses Inneres,
Löwenkopf (Portalmotiv) hier: Gerichtssymbol von Macht und Kraft. Eingang im mächtigen Sockel = Schlund. Keine Ornamente, keine bildhauerisch-plastische
Gliederung.
Zum Stil:
P.Speeth gehört zu den wenigen
deutschen Vertretern der sog.
Revolutionsarchitektur (neben Friedrich Gilly in Berlin).
Die wichtigsten Vertreter der
Revolutionsarchitektur sind C.N. Ledoux
(1736-1806) und L.E.Boullée (1729-1799),
die bereits vor Ausbruch der franz. Revolution
1789 mit der barocken Bautradition radikal brechen. Meist blieb es nur bei idealen Entwürfen auf
Papier, die ihrer
Zeit weit vorausgreifen.
Erst 1929 wurde der Begriff Revolutionsarchitektur oder auch "autonome"
Architektur für deren Baukonzepte geprägt.
Wie G.B. Piranesi (1720-78) in seinen Architekturcapriccios,
so sind auch die Pläne von Bou1lée und Ledoux überdimensional, stark kubisch,
stereometrisch vereinfacht und ohne Dekor. Der betont modellierenden „Bildhauerarchitektur"
des Barock (Michelangelo, Bernini, Borromini, Asam) wird eine Absage erteilt.
Der Baukörper soll isoliert von seiner Umgebung betrachtet werden und
sich bewusst abgrenzen. "Bauen ist nicht Bilden" und "Betonung der Eigengesetzlichkeit des Materials" (keine Karyatiden als Säulen ... ) sind nüchterne
Forderungen des neuen Zeitalters der Aufklärung, die die Moderne in der Architektur
vorbereiten.