Seminar für Kunsterziehung     am Erasmus-Grasser-Gymnasium,München         Seminarleiter  Martin Gensbaur       

 

Schriftliche Stundenkonzepte


Spätestens zur ersten Prüfungslehrprobe wird vom Referendar die Abgabe eines vor Beginn der Stunde ausgearbeiteten schriftlichen Stundenentwurfs verlangt (vgl. Anlage zum KMS Nr. VI/9-S5160-7/153288 vom 2.11.1995). Bezüglich des Konzepts, das der Referendar für seine Lehrprobe am Prüfungstag um 8 Uhr in dreifacher Ausfertigung einreicht, gelten die Empfehlungen des Arbeitskreises der Fachberater, vom März 1994 (s.Anlage). Das Deckblatt enthält die üblichen Daten zur Seminarschule, zu Datum und Uhrzeit der Prüfung, zur Klasse oder Kursbezeichnung, Fach, Stunde, Raum, Betreuungslehrer und Mitgliedern der Prüfungskommission, sowie das Thema der Stunde ( Muster wird noch gesondert im Seminar verteilt). Im Konzept beschreibt der Referendar das Thema seiner Stunde, didaktische und pädagogisch-psychologische Überlegungen, die Planung seiner Stunde im Hinblick auf seine Ziele und Schwerpunkte, auf methodische Überlegungen und den vorgesehenen Unterrichtsverlauf, der zusätzlich üblicherweise in einer Verlaufsskizze graphisch dargestellt wird. Abschließend sind Medien und Literatur anzugeben und Tafelbild, Arbeitsblätter, Folien etc. in einem Anhang beizufügen. Ein Original, das der Seminarvorstand erhält, muss unter Angabe von Ort und Datum mit folgender Erklärung unterschrieben sein: " Ich versichere, dass ich alle verwendeten Materialien und Hilfen angegeben habe".

Genauso wichtig wie die Konzeption des Unterrichts im Vorfeld einer Stunde ist im Verlauf des Seminars auch die Dokumentation des bisher gehaltenen Unterrichts. Nach den Erfahrungen der ersten Stunden, welche die Referendare in der Regel in Zusammenarbeit mit ihren Betreuungslehrern ausgearbeitet hatten, empfiehlt es sich zunächst einmal aus der Retrospektive all die oben genannten Aspekte eines Stundenkonzeptes noch einmal zu spiegeln. Oft geben Überlegungen zur Notengebung im Nachhinein eindeutige Hinweise, ob der Unterricht seine Ziele erreicht hat, ob die bei der Aufgabenstellung vereinbarten Kriterien bei allen Schülern angekommen sind und sich die Erarbeitung des Themas im Sinne der Aufgabenstellung als hilfreich und wirklich motivierend erwiesen hat. Unter diesen Aspekten sollte man noch einmal die Zielsetzungen, die Schwerpunkte, die verwendeten Medien und Lehrmethoden oder auch die Sozialformen und die Verteilung des Stoffes auf die einzelnen Stunden zu überdenken. Ich würde Ihnen im Vorfeld Ihrer ersten Lehrprobenplanung raten Ihre bisherigen Konzepte noch einmal gewissenhaft durchzugehen, Schwachstellen zu suchen, bzw. besonders gelungene Aspekte zu hinterfragen und z.B. im Zusammenhang mit unserer Seminarhomepage in überarbeiteter Form eines Ihrer Themen in Form von Unterrichtsbausteinen für Stundenkonzepte anderer allgemein zugänglich zu machen. Die hier geforderte Systematik wird Ihnen helfen eine Methode der Stundenkonzeption zu entwickeln, mit der Sie gut zurechtkommen. Ich denke, jeder Unterrichtende hat hinsichtlich der Planung seines Unterrichts eigene Bedürfnisse und Vorstellungen, die im Seminar entwickelt und eingeübt werden müssen. Vor vorgefertigten Stundenkonzepten und das leblose Ausfüllen genormter Stundenblätter, wie sie in manchen Seminaren immer wieder kursieren kann ich nur warnen. Beziehen Sie Ihre Betreuungslehrer in Ihre Planungen mit ein! Legen Sie uns im Hinblick auf die Vorbereitung einer Lehrprobe auch einmal schriftliche Planungen vor, die wir in unsere Stundenbesprechungen miteinbeziehen können! Wechseln Sie, wenn Sie das für sinnvoll erachten durchaus auch einmal die Form derartiger Konzepte! Eine Zeitschiene kann für den einen ein wertvoller Halt innerhalb der 45 Minuten Unterricht bedeuten und dem anderen ein zu enges Korsett bedeuten. Vorformulierte Fragen, ein Spickzettel zum Lehrvortrag oder gezielte Schülernamen, denen man Schlüsselfragen stellen will, oder von denen man Arbeiten etc. einsammeln will, können ebenso hilfreich wie hemmend sein. Das lässt sich nur individuell entscheiden und v.a. ausprobieren.


Im Seminar unterscheiden wir kurzfristige Unterrichtskonzepte, die einzelne Stunden vorbereiten von mittelfristigen Sequenzplanungen, bei der mehrere Unterrichtseinheiten zu einem Themenbereich des Lehrplans über mehrere Stunden hinweg geplant werden. Mit Hilfe der von mir angebotenen Übersichten über die jeweils dritte Ebene des Lehrplans in den einzelnen Jahrgangsstufen lässt sich stichpunktartig auch eine langfristige Halbjahres- und Jahresplanung von Unterricht graphisch darstellen. In der Kollegstufe, im Zusammenhang mit der Planung eines Halbjahres im Grundkurs ist eine detailliertere Halbjahresplanung unumgänglich. Ansonsten verzichten wir einstweilen auf vorauseilende Halbjahresplanungen, da diese der geforderten Flexibilität und Spontaneität einer Seminarausbildung im ersten Ausbildungsabschnitt entgegenstünde. Im zweiten Ausbildungsabschnitt, besonders im Hinblick auf die schriftliche Hausarbeit wird von Ihnen auch eine mittel- und langfristigere Planung von Unterricht gefordert werden.

Im Hinblick auf die Vorbereitung der ersten Lehrprobe bemühen wir uns um den Entwurf einzelner Stunden unter den üblichen Aspekten, die der Unterrichtende bei der Planung von Unterricht im Auge behalten sollte. Ich versuche einmal im Folgenden die Bausteine einer jeden Stundenplanung durchzugehen:

Zu Beginn jeder Planung stehen die Idee für ein Thema und im Bezug dazu eine geeignete Klasse.

Das Thema muss altersgemäß und lebensnah sein.
Diese Forderung bedingt eine gründliche Analyse der Situation in der Klasse, eine Befragung des Lehrplans und eine Rücksichtnahme auf die vorausgegangenen und die folgenden Unterrichtseinheiten ( notwendige Abwechslung der Inhalte etc.).

Das Thema der Stunde muss geeignet sein, exemplarisches Wissen oder Fertigkeiten zu erwerben.
Immer gilt die Frage was am Gegenstand der Stunde gelernt werden kann, wieso der Lehrer aus der Fülle des Stoffes gerade diesen Gegenstand herausgreift, welche Ziele er dabei verfolgt, sowohl im rein fachlichen Sinne als auch im übergreifenden Sinne allgemeiner Bildungsziele.

Nach der Sachdiskussion und den pädagogisch-psychologischen Überlegungen kommt diemethodische Strukturierung einer konkreten Unterrichtseinheit. Welchen Aufbau soll die Stunde haben (vgl. in diesem Zusammenhang unsere Überlegungen zum Stundenverlauf)? Immer gelten die Prinzipien der Anschaulichkeit und die Forderung nach Aktivierung der Schüler als
Erfolgsrezepte. Das hat Konsequenzen für die Wahl der Medien, die eingesetzt werden, für die Sozialform und somit für die gesamte Struktur der Stunde. Methodenwechsel ist in der Regel erfolgreicher als schematische Rezepte. Methodisch sollten Sie grundsätzlich bei Ihren ersten Stundenkonzepten verschiedene Ansätze ausprobieren. Also nicht immer Lehrvortrag oder Lehrer-
Schülergespräch zu Beginn der Stunde, nicht immer Gruppenarbeit oder Einzelarbeit in der praktischen Phase. Versuchen Sie auch einmal eine Lehrerdemonstration oder zeigen Sie einmal einen Film zu Beginn einer Stunde und sprechen Sie anschließend mit den Schülern! Lassen Sie einmal Ihren Schülern die Rolle des Experten, lassen Sie sie recherchieren und referieren uvm.! Die
didaktische Literatur eröffnet Ihnen im Bereich der Methodik jede Menge an Möglichkeiten, die Sie in Ihre Planungen einbeziehen sollten. Grundsätzlich lässt sich feststellen, dass Anfänger ihren Unterricht oft wie einen Vortrag planen und nur die Reihenfolge zu referierender Gesichtspunkte vorüberlegen. Das würde jedoch einen Unterricht ohne Schüler bedeuten. Die Folge derartiger
Stunden ist oft zu starke Lehrerzentriertheit oder im Gegenteil, dass der Lehrer bei Zwischenfragen sein Programm völlig aus den Augen verliert. Ich nenne das die Taktik der 1000 Mückenstiche, die manche Referendare in ihren Stunden völlig in den Klassen untergehen lassen und sie in Einzelgespräche verstricken, statt die Gesamtplanung im Auge zu behalten. Denken Sie deshalb
schon bei Ihrer Planung unbedingt an die Rolle des Schülers in der Stunde und planen Sie Problemstellungen und Aufgaben für die Schüler und Aktionen mit ihnen ein!

Hinterfragen Sie immer die Medien, die Sie einsetzen auf deren Anschaulichkeit! Derartige Überlegungen gehören schon in das Konzept einer Stunde. Geben Sie sich nicht zu schnell mit halbherzigen Lösungen zufrieden. Gerade unser Fach lebt von der Anschaulichkeit jeder Präsentation. Manchmal führt ein interessantes Bild zu einer guten Stunde. Nicht selten sieht der Lehrer jedoch mehr in einer schwachen Abbildungen nur deshalb, weil er mehr über die Dinge weiß als es der Schüler präsentiert bekommt. Versuchen Sie Ihr Bildmaterial einmal im Vorfeld der Stunde mit den Augen der Schüler zu sehen! Planen Sie auch Tafelbild, Arbeitsblätter, Zitate, die Sie oder Schüler vortragen etc. schriftlich im Voraus! Beziehen Sie in Ihre Konzeption immer auch das Material ein, das Sie zur Durchführung einer Stunde benötigen ( Menge an Papier, Ton, Werkzeug etc.)! Ein verlorengegangenes Blatt, ein fehlender Block, eine nicht vorhandene Zeichenfeder etc. hat schon so manches gute Konzept aus den Angeln gehoben!

Bauen Sie immer auch zeitliche Polster und Reserven ein, damit Sie Zeit für die Auseinandersetzung mit Schülerfragen haben! Überlegen Sie sich umgekehrt eine Reserve für den Fall, dass Ihnen der Stoff zu schnell ausgeht. Schüler sind oft schneller als es uns lieb ist ( auch im Unterrichtsgespräch - in der bildnerischen Praxis sowieso). Gründliche Stundenkonzepte schützen vor Leerlauf und anderen unangenehmen Überraschungen. Die Konzeption einer Stunde sollte gerade der Anfänger vom Ende her begreifen lernen. Denken Sie rechtzeitig an die Möglichkeit sinnvolle Lernzielkontrollen und Leistungsmessungen einzubauen. Definieren Sie von Anfang an auch vor der Klasse Spielregeln und Kriterien einer späteren Bewertung der Ergebnisse des Unterrichts. Dazu gehört auch das Einplanen von Zwischenbesprechungen und gemeinsamen Reflexionen über die Schülerarbeiten (vgl. das Manuskript zur Notengebung).

Lit.: Seibert, N./ Serve, H.J. (Hrsg.) - Prinzipien guten Unterrichts, ISBN Nr.: 3-927999-04-0
Dreyfus, U., Fuhrmann, E., Fragen und Antworten zur Gestaltung einer guten Unterrichtsstunde, o.O.,o.J.